ALUMNI


Ulrike Gehring
Juniorprofessorin im Fach Kunstgeschichte
Schwerpunkt: Kunst der Moderne / Gegenwartskunst
Universität Trier

Im Vergleich zu den vielen Auslandsberichten, die sich auf Klaus Herdings Homepage finden, wirkt der eigene Werdegang wenig schillernd und unspektakulär. Dennoch tut man heute genau das, wonach man gesucht hat.

Im Herbst 2003 erhielt ich den Ruf auf eine Juniorprofessur an der Universität Trier. Ich kündigte meine Stelle am zkm in Karlsruhe, wo ich mein Volontariat absolviert und gerade den ersten unbefristeten Vertrag als Kuratorin unterschrieben hatte. In Trier angekommen, mußte ich mich neben der vielen neuen Aufgaben vor allem meiner Frankfurter Altlasten besinnen und die noch nicht publizierte Dissertation zum Druck vorbereiten. Die regelmäßig erfolgenden Anfragen Klaus Herdings wurden trotz wohlwollender Intention zu gefürchteten Augenblicken.

Seine Präsenz war aber nicht nur über e-Mails gegeben. Bereits nach wenigen Wochen universitären Alltags erinnerte ich mich seiner einst utopisch klingenden Zeitangaben, die er zur Vorbereitung einer Vorlesung veranschlagte. Nun mußte ich mich bemühen, diese nicht zu überscheiten. Auch gab ich die ersten bei mir eingereichten Hausarbeiten zur Überarbeitung an Studierende zurück, da die Anmerkungsapparate in ihrer Systematik nicht den (Frankfurter) Standards genügten. Viele der jüngeren Semester hörten in diesem Zusammenhang erstmals den Namen Klaus Herding. Von da an war es nur mehr ein kleiner Schritt, die in den 1990er Jahren von ihm ausgegebenen „Richtlinien zum wissenschaftlichen Arbeiten“ abtippen und in leicht veränderter Form ins Netz stellen zu lassen. Der Leitfaden bildet bis heute die Grundlage aller kunsthistorischen Hausarbeiten in Trier, auch wenn die entsprechende Web-Seite nicht zu den beliebtesten Adressen unter Studierenden zählt.
Das eigentlich Charakteristische der Neuesten Frankfurter Schule ist meines Erachtens aber das ungebrochene Arbeitsethos, das Klaus Herding all jenen vermittelte, die bei ihm studierten oder promovierten. Um den eigenen Forschungsgegenstand mit ähnlicher Hingabe und Ernsthaftigkeit zu untersuchen wie er, bedurfte es einer (protestantischen) Leidensästhetik, zu der wir früh erzogen wurden. Der sich einstellende Erfolg war dann oft nur noch die Folge akribischer Analysetätigkeit.

Seit meiner Berufung sind nun vier Jahre vergangen. Die erste Studentengeneration, die ich von Anbeginn an begleitete, hat gerade ihren Magister abgelegt und meldet sich in Teilen zur Promotion an. Zwar haben sich die Themen der Arbeiten im Bereich der Gegenwartskunst geändert, doch das kritische Methodenbewußtsein und solide Handwerk im Umgang mit den Exponaten ist noch immer von gleicher Bedeutung.
Rückblickend kann ich nur festhalten, daß man zu Studienzeiten vieles anders machen wollte als seine Lehrer; heute aber vermittelt man eben diese Werte und Ansprüche mit voller Überzeugung. Ob sie in der eigenen Didaktik noch von ähnlicher Qualität sind wie einst bei Klaus Herding, obliegt dem Urteil der nachfolgenden Generation. Es bleibt auf ein gnädiges Urteil zu hoffen....

 

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